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Im Rathaus Lichtenberg in der Möllendorffstraße wird man den Plan der Kassenärzte begrüßen.

© Thilo Rückeis

Plan gegen Medizinermangel: Neue Hausarztpraxen dürfen nur noch im Berliner Osten eröffnen

Während es in Lichtenberg zu wenige Praxen gibt, sind es in Charlottenburg-Wilmersdorf besonders viele. Die Kassenärzte wollen das nun ändern.

Praxen sollen besser in Berlin verteilt werden – insbesondere im Osten der Stadt fehlen Hausärzte. Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) kündigte dort nun mehr Niederlassungen an. Die KV wird die Stadt planerisch in arztarme und arztreiche Gebiete teilen. Weil im Westen Berlins seit Jahrzehnten pro Kopf mehr Mediziner arbeiten als im Osten, sollen neue Hausarztsitze nur für Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf und Treptow-Köpenick vergeben werden.

Hausärzte-Versorgung in Charlottenburg bei 135 Prozent, Treptow bei 81 Prozent

Diese Regelung gelte bis sich die Versorgung angeglichen habe, teilte die KV mit. Sie errechnet auf Basis örtlicher Sozialdaten regelmäßig einen Versorgungsgrad. Wie gut ein Bezirk mit Praxen ausgestattet ist, wird in Prozent angegeben. Bei den Hausärzten liegt der Versorgungsgrad für Gesamtberlin bei 108,5 Prozent, allerdings sind es in Marzahn-Hellersdorf 90,3 Prozent, in Lichtenberg 84 Prozent und in Treptow-Köpenick 81 Prozent – und 135 Prozent in Charlottenburg-Wilmersdorf.

In den KV-Plänen wird Berlin nun in drei Gebiete geteilt: Erstens, der gut versorgte Westen sowie Pankow, Friedrichshain und Mitte; zweitens Marzahn-Hellersdorf und Lichtenberg; drittens Treptow-Köpenick. Ein Versorgungsgrad von 75 Prozent gilt gesundheitspolitisch als unzureichend. Weil sich immer weniger Mediziner mit eigener Praxis niederlassen wollen, wäre der Grad insbesondere in Berlins Südosten bald erreicht.

Schon 2013 hatte der Senat die Kassenärzte gedrängt, dafür zu sorgen, dass Praxen aus gut situierten Bezirken nur dorthin umziehen dürfen, wo Mediziner fehlen. Seitdem spielen Erwerbslosenquote und Alter der Bewohner eine Rolle, wenn der KV-Zulassungsausschuss, in dem auch Krankenkassen sitzen, alte Praxen neu verteilt. Nun soll bei den Erstzulassungen eingegriffen werden.

Die KV ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts, ihr müssen alle 7200 Ärzte sowie 2800 Psychotherapeuten angehören, die in ihren Praxen gesetzlich Versicherte versorgen. Die KV verwaltet die Honorare der Krankenkassen weitgehend autonom. Der Senat hat nur die Oberaufsicht. Mit den Kassen sei man sich einig, teilte der KV-Vorstand mit, wenn die Senatsgesundheitsverwaltung den Plan nicht beanstandet, werde er ab November in Kraft treten.

In Lichtenberg gibt es seit der Wende deutlich weniger Praxen als in den meisten anderen Bezirken..
In Lichtenberg gibt es seit der Wende deutlich weniger Praxen als in den meisten anderen Bezirken..

© Mike Wolff

Aus Sicht der KV könnten auch Praxen für Kinder- und Jugendmedizin, Frauenheilkunde sowie Augenärzte bald nach strengeren Regeln verteilt werden, wobei Berlin dabei ein Planungsgebiet bleiben solle. Der KV-Zulassungsausschuss soll jene Praxissitze nur für Bezirke vergeben, die einen Versorgungsgrad von weniger als 90 Prozent aufweisen. Bei Frauenärzten etwa reicht der Grad von 183 Prozent in Charlottenburg-Wilmersdorf bis zu 62 Prozent in Neukölln. Die Niederlassung hat mit Image, Lage und Demografie des Kiezes zu tun – die Honorarsätze sind überall gleich.

[Lesen Sie mehr bei Tagesspiegel Plus: So ungleich sind Hausärzte und Fachärzte in Berlin verteilt - Bezirk für Bezirk.]

Von Berlins Hausärzten wird in den kommenden fünf Jahren ein Drittel, also rund 800 Mediziner, das Rentenalter erreichen. Zudem wollen junge Mediziner seltener als Selbstständige in einer Einzelpraxis arbeiten, sondern lieber als Angestellte.

In der KV wird deshalb erwogen, selbst Gemeinschaftspraxen aufzubauen, in denen sich Ärzte anstellen ließen. Zudem will die KV Zuschüsse zahlen: Bis zu 8000 Euro im Quartal für zwei Jahre können Ärzte erhalten, die sich in unterversorgten Bezirken niederlassen.

In Brandenburg gibt es solche Zuschüsse schon. Rechnet man die Klinikärzte mit, kommt in Brandenburg auf 248 Einwohner ein Mediziner. In Berlin liegt dieser Wert bei 154, bundesweit bei 200 Einwohner für jeden berufstätigen Arzt.

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